Präambel:

Alle Kinder wollen und können lernen. – Ausgehend von dieser Grundüberzeugung, wurde die Schülerschule 1985 explizit als „Schule für alle“ gegründet. Dabei stand und steht der Gedanke im Vordergrund, dass sich alle an der Schülerschule wohlfühlen und gern dort arbeiten. Eine Voraussetzung dafür ist, dass jedes Kind sich mit seinen Stärken und Schwächen angenommen und willkommen fühlt. Verschiedenheit wird als Bereicherung erlebt, anstatt Anpassung an eine einzige

„Normalität“ anzustreben.

Auf diese Weise können sowohl zwischen Kindern und Erwachsenen als auch unter den SchülerInnen „gleichwürdige“ Beziehungen entstehen. Dieser Begriff geht auf den dänischen Familientherapeuten Jesper Juul zurück (siehe u. a. Jesper Juul: Was Familien trägt) und bezeichnet eine Beziehung, in der die Wünsche, Anschauungen und Bedürfnisse beider Partner gleichermaßen ernstgenommen und nicht mit dem Hinweis auf Alter, Geschlecht oder Behinderung abgetan oder ignoriert werden.

Da alle Menschen Stärken und Schwächen haben, benötigen auch alle auf ihrem individuellen Lernweg irgendeine Art von Förderung, um an ihren Schwächen zu arbeiten und ihre Stärken zu nutzen und weiterzuentwickeln. Dadurch sollen alle SchülerInnen dazu befähigt werden, den für sie bestmöglichen Schulabschluss zu erreichen. Jedes Kind erhält so viel Unterstützung wie es benötigt und so wenig wie möglich. Ziel ist dabei eine Stärkung der Selbstwirksamkeit, d.h. der Überzeugung des Kindes, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Jedes Erfolgserlebnis stärkt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und motiviert dazu, sich auf weitere Lernerfahrungen einzulassen.

An der Schülerschule wird „Förderung“ in einem umfassenden Sinne verstanden, d. h. die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen wie Arbeitsorganisation, Kommunikations- und Teamfähigkeit ist genauso wichtig wie die Steigerung der kognitiven Leistungen. Daher spielt Verantwortung eine zentrale Rolle – für sich selbst und die eigene Lernentwicklung, füreinander und für die Umgebung, in der wir gemeinsam lernen und arbeiten. Damit sie diese Verantwortung übernehmen können, ist es unverzichtbar, dass die SchülerInnen sich unterstützt, aber zugleich auch gefordert fühlen, dass ihnen etwas zugetraut wird und sie sich selbst und anderen etwas zutrauen.

 

Übergreifende Grundsätze:

  • Alle Schülerinnen und Schüler brauchen und bekommen Förderung. Manche benötigen eine

„Extraportion“, weil sie sehr schnell oder sehr langsam lernen, weil sie viele Wiederholun- gen oder zusätzliche Herausforderungen brauchen oder weil sie in besonderes Material eingearbeitet werden. Dabei gilt es eine Balance zu finden zwischen der Förderung Einzelner und der Gemeinschaft der Klasse/Lerngruppe.

  • Mehr als die Hälfte der Unterrichtsstunden ist durch zwei KollegInnen (LehrerInnen oder ErzieherInnen) besetzt. Eine der beiden Personen ist vorwiegend zuständig für SchülerInnen mit besonderem Förderbedarf. Zusammen mit Schulbegleitung und Schulassistenz entstehen so „multiprofessionelle Teams“.
  • KollegInnen wählen SchülerInnen für die Förderung aus, häufig werden jahrgangsübergrei- fende Kleingruppen
  • Kleine, aber häufige Fördereinheiten sind gut geeignet, Lernfortschritte durch regelmäßige Wiederholungen zu
  • Für alle SchülerInnen, ob sie leicht lernen oder Lernschwierigkeiten haben, ist eine Förderung im Rahmen der Unterrichtszeit
  • In den Klassenstufen gibt es unterschiedliche HelferInnensysteme. SchülerInnen melden sich freiwillig oder sind fest eingeteilt und bekommen/geben ihren MitschülerInnen Unter- stützung. Hier profitieren beide Seiten, weil sowohl Hilfe bekommen wie Hilfe geben stärkt. Im besten Fall kann jeder Schüler/jede Schülerin beide Rollen einnehmen. Manchmal können sich SchülerInnen Inhalte gegenseitig besser erklären, als Erwachsene dies könnten.
  • Alle KollegInnen besuchen interne oder externe Fortbildungen zu besonderen Förderbedarfen. Die SonderpädagogInnen und fachkundige KollegInnen beraten in Bezug auf Rahmenbedingungen, Inhalte, Methoden, Material und Elternarbeit. Beratung durch KreisfachberaterInnen ist eine weitere wertvolle Unterstützung.
  • Unterschiedliche Formen des jahrgangsübergreifenden Lernens bieten allen SchülerInnen die Möglichkeit zu sinnvollen Lernpartnerschaften, unabhängig von Alter und
  • SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben in jedem Schulhalbjahr einen Förderplan, der mit den Eltern und ggfs. der Schülerin/dem Schüler besprochen wird. Bewährt hat sich, in diesen Plänen drei konkrete Ziele zu formulieren, eines davon verfolgt der Schüler/die Schülerin selbst, eines die Eltern, eines die Klassen- die FachkollegInnen. Dieser Förderplan wird im gemeinsamen Gespräch besprochen und zum nächsten Halbjahr evaluiert. Dabei kann es durchaus sein, dass ein bestimmtes Ziel über mehrere Förderpläne hinweg verfolgt wird.
  • SchülerInnen, die für einen bestimmten Zeitraum aus besonderen Gründen spezielle Förde- rung erhalten, haben einen Lernplan, der stärker schulisch bezogen ist und den das Klassen- team
  • Für alle SchülerInnen gilt, dass es zu vielen Zeitpunkten im Schuljahr die Möglichkeit zu Reflexionsgesprächen gibt, um Lernerfolge zu überprüfen, zu würdigen, zu besprechen oder Ziele anzupassen oder zu verändern.

 

Schulbegleitung

In der Schülerschule brauchen SchülerInnen unter Umständen eine Schulbegleitung, wenn sie umfangreiche Unterstützung in folgenden Bereichen benötigen: Hygiene, Kleidung, Essen, Sport, Bewegung im Wasser, Orientierung im Raum und auf dem Gelände, Sozialkontakte, Umgang mit Arbeitsmaterial und Organisation des Materials, Unterstützung bei der Arbeit im Unterricht.

Einen Anspruch darauf können SchülerInnen mit den Förderschwerpunkten Geistige Entwicklung, Körperlich-motorische Entwicklung, Autismus und Förderschwerpunkt Sozial-emotionale Entwicklung haben. Darüber hinaus gibt es SchülerInnen, die vorübergehend oder längerfristig von

„seelischer Behinderung bedroht“ (§ 35a SGB VIII) sind und möglicherweise deshalb einen Anspruch auf Schulbegleitung haben. Dabei gilt es in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob Schulbegleitung tatsächlich benötigt wird.

Schulbegleitung ist eine kompetente Unterstützung. Sie sollte bedacht und vorsichtig eingesetzt werden, damit die betreute Schülerin/der betreute Schüler die Motivation behält, sich für die eigene Selbstständigkeit zu engagieren und Kontakte zu anderen SchülerInnen zu entwickeln. Auch hier gilt: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Die Erziehungsberechtigten beantragen die Schulbegleitung, wo nötig, in Absprache mit dem Klassenteam bzw. mit der Schulleitung (wenn der Bedarf bereits vor der Einschulung abzusehen ist). Derzeit handelt es sich dabei um ein 1:1-Modell, das aber in ein Pool-Modell überführt werden soll, um die oft allzu enge Anbindung eines Schülers/einer Schülerin an eine erwachsene Person so zu lösen, dass der Schüler/die Schülerin alle notwendige Unterstützung erhält, aber auch größere Entwicklungsfreiräume hat.

Formen der Förderung

Binnendifferenziertes Arbeiten

Um alle SchülerInnen entsprechend ihren Fähigkeiten und ihrem aktuellen Lernstand zu fördern, wird individualisiertes Arbeitsmaterial eingesetzt. Auf diese Weise stellen sich Erfolgserlebnisse ein, die zu weiteren Lernerfahrungen motivieren. Die Arbeit mit Wochenplänen, die Pflicht-, Wahl- und Zusatzaufgaben enthalten, bietet dabei eine viel genutzte Möglichkeit der Binnendifferenzierung. Bei der Wochenplanarbeit entscheiden die SchülerInnen selbstständig, wann sie welche Aufgaben innerhalb eines bestimmten Zeitraums bearbeiten.

Halbgruppe/Kleingruppe

Während der Stunden mit Doppelbesetzung werden die Klassen bei Bedarf in Halbgruppen aufgeteilt bzw. es wird eine Kleingruppe gebildet, die zeitweilig separat unterrichtet wird, damit man intensiver und individueller auf die einzelnen SchülerInnen eingehen kann. Die Zusammenstellung der Gruppen kann dabei variieren – eine Gruppe aus SchülerInnen mit ähnlichen Leistungsständen ist ebenso möglich wie das bewusste Mischen von Kindern bzw. Jugendlichen mit unterschiedlichem Leistungsstand. Das bietet besonders gute Rahmenbedingungen für HelferInnensysteme.

Einzelförderung

Bei Bedarf werden bestimmte SchülerInnen während des Unterrichts zeitweilig in Einzelförderung betreut, um z. B. eine intensivere Leseförderung zu ermöglichen oder Lernstoff zu wiederholen und zu festigen. Außerdem übernehmen einige SchülerInnen spezielle „Ämter“, wie etwa die Verteilung der Klassenpost. Da diese Dienste im Schulalltag eine wichtige Funktion erfüllen, besitzen sie einen hohen „Ernstcharakter“ und fördern dadurch die Übernahme von Verantwortung für die Schulgemeinschaft.

Kleines Projekt

Bei Bedarf werden kleine klassenübergreifende Gruppen in der Grundstufe zusammengestellt, die über einen bestimmten Zeitraum, z.B. sechs Wochen, an einem Thema arbeiten, z.B. Uhrzeiten, Graphomotorik, soziales Lernen oder anderes. Das Grundstufenteam entscheidet über die Teilnahme an dieser Fördermaßnahme.

Lebenspraktisches Projekt

Das lebenspraktische Projekt, das parallel zum Unterricht stattfindet, richtet sich jahrgangsüber- greifend vor allem an SchülerInnen der Sekundarstufe mit besonderem Förderbedarf und umfasst zwischen zwei und acht Wochenstunden. Je nach Zusammensetzung der Gruppe reichen die Schwerpunkte von handwerklich und hauswirtschaftlich orientierten Dienstleistungsaufgaben in der Schule (beispielsweise Wäschedienst) bis zu produzierenden Tätigkeiten, z. B. dem Einkochen von Marmelade zum Verkauf auf den Schulfesten. Bei gemeinsamen Einkäufen in der Umgebung wird außerdem der selbstständige Umgang mit Geld geübt.

Scout Projekt

Parallel zum regulären Unterricht wird das Scout Projekt angeboten, das vierzehntägig in einer Doppelstunde stattfindet. Es richtet sich an SchülerInnen der Klassen 4 bis 7, die interessiert an Herausforderungen, in hohem Maße lernbereit und dazu in der Lage sind, den versäumten Unterrichtsstoff nachzuarbeiten. Für die Teilnahme werden sie von ihrem Klassenleitungsteam vorgeschlagen. Je nach ihren Interessen können die SchülerInnen aktuell ein Projekt mit musisch- gestalterischem Schwerpunkt oder ein Debattierprojekt besuchen.

Auszeiten

Mit SchülerInnen, denen es schwerfällt, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren oder Gefühle bzw. Verhalten zu kontrollieren, können bei Bedarf individuelle Absprachen über sogenannte „Auszeiten“ getroffen werden: So können sie beispielsweise bei Überforderung kurzzeitig in einen Nebenraum gehen oder eine kleine Bewegungspause auf dem Schulhof einlegen. Dadurch lernen sie, ihre persönlichen „Warnzeichen“ in Stresssituationen rechtzeitig wahr- und ernstzunehmen und situationsangemessen darauf zu reagieren.

Klassenrat

Im regelmäßig stattfindenden Klassenrat werden Angelegenheiten besprochen, welche die Klasse angehen: Die SchülerInnen planen Unternehmungen, wie z. B. Ausflüge oder Klassenfeste, sprechen über Organisatorisches und klären Konflikte. Dabei üben sie die Einhaltung von Gesprächsregeln ein und lernen, ein Gespräch zu leiten und die Ergebnisse zu protokollieren. Indem sie Aufgaben für die Klasse übernehmen und Absprachen treffen, gewinnen sie zudem an Selbstständigkeit und Verantwortungsgefühl.

Handlungsorientierung

Wo immer möglich, versuchen wir Lernstoff mit Handlung zu verknüpfen.

Ein Beispiel für das Lernen mit allen Sinnen: Eine Ganzschrift im Deutschunterricht kann als Buch, Hörbuch oder Hörspiel eingesetzt werden. Wir können Szenen daraus spielen, in das Theaterstück gehen, einen Film sehen …

Ein Beispiel für Lernen in Bewegung: Im Prozess des Lesenlernens spielen Silben eine wichtige Rolle. Sie werden am Tisch geübt, aber auch beim Hüpfen von Buchstabe zu Buchstabe auf dem Teppich oder den Stufen im Treppenhaus.

Beispiele für lebenspraktisches Lernen: Zugang zu Büchern lässt sich vielleicht über die Erkundung der Bibliothek in Pinneberg erreichen; Postkarten zu schreiben samt richtiger Adresse ist ein realer Schreibanlass; wir können in der Schule zählen, messen und rechnen (Wasser für die Klasse kaufen, Kinder-, Tisch- und Hockergrößen vergleichen) und vieles mehr.

Teilnahme an Wettbewerben

Wettbewerbe geben Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich auszuprobieren: sportlich, sprachlich, mathematisch bzw. je nachdem, was an geeigneten Wettbewerben ausgeschrieben ist. Überwiegend regelmäßig nehmen wir mit der Schülerschule teil am „Laufwunder“, am Känguru- Wettbewerb der Mathematik, am Vorlesewettbewerb der 6. Klasse, am plattdeutschen Vorlesewettbewerb, an „Be smart, don`t start“, an „Big Challenge“.

Grenzen der Förderung

Förderung hat Grenzen. Diese liegen z.B. darin, dass

  • die Lernfähigkeit von SchülerInnen (vorübergehend oder dauerhaft) eingeschränkt
  • die Aufmerksamkeitsspanne von SchülerInnen (vorübergehend oder dauerhaft) begrenzt
  • Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Krankheit/Vertretung, Förderung
  • KollegInnen keine therapeutischen Aufgaben übernehmen können und
  • die Hoffnungen und Wünsche der Eltern nicht mit den Möglichkeiten des Schülers/der Schülerin der Schule übereinstimmen.
  • SchülerInnen und/oder Eltern Förderung als Ausgrenzung oder Mehrarbeit

29.3.2019