Zu Beginn des Schuljahres 2020/2021 ist die dritte Auflage des Grundwertecurriculums „Hands across the campus“ in einer Online Version erschienen. Von der Zielsetzung, dem Aufbau und den Methoden bleibt das Hands Programm auch in seiner dritten Auflage unverändert. Neue Unterrichtsmaterialien zu aktuellen gesellschaftlichen Problemen wurden ergänzt. DeGeDe-Mitglied Michael Rump-Räuber gibt einen Überblick in diesem Beitrag in der Reihe “Aus der Praxis”. ​

Die Förderung demokratischen Handelns und die Auseinandersetzung mit demokratischen Werten zieht sich als roter Faden durch alle Ebenen des Hands-Programms. Es regt Schülerinnen und Schüler dazu an, eigene und gesellschaftliche Werteorientierungen zu reflektieren und sich mit ihnen auseinander zu setzen und fördert insbesondere die Entwicklung demokratischer Handlungskompetenz.

Die Grundphilosophie des Programms folgt dem Motto „Vom ICH zum DU zum WIR“.

Schule wird in „Hands across the Campus „nicht nur als Bildungsinstitution begriffen, sondern als Teil der Gesellschaft. Kooperationen und Netzwerkbildung mit außerschulischen Partnern und Initiativen beispielsweise in Form gemeinsamer Projekte befördern die Öffnung der Schule gegenüber dem außerschulischen Umfeld und schaffen neue Lernorte für Schülerinnen und Schüler. Die Zivilgesellschaft wird zum Lerngegenstand.

„Hands across the Campus“ steht für die Sensibilisierung und Reflexion von Vorurteilen und jeder Form von Diskriminierung mit dem Ziel, diese individuell und gesellschaftlich abzubauen. Die Anerkennung gesellschaftlicher Vielfalt und Heterogenität ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Anliegen. Das Programm unterstützt gezielt das Engagement und die Beteiligungsmöglichkeiten von Schülerinnen und Schülern – im Unterricht, in Schulgremien und im außerschulischen Umfeld.

Das Grundwerte Curriculum ist in fünf Unterrichtsbausteine unterteilt, die wiederum aus mehreren Unterrichtseinheiten bestehen.

Baustein I: Identität und Gesellschaft thematisiert Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Bezug auf Identität und Zugehörigkeit sowie gesellschaftliche und persönliche Werte. Schülerinnen und Schüler werden für Konflikte sensibilisiert, die aufgrund unterschiedlicher Werteorientierungen entstehen. Sie erarbeiten Konfliktlösungen im Dialog mit Anderen und unter Einbeziehung unterschiedlicher Perspektiven. Wer bin ich? Wer sind wir? Was sind unsere Werte? die Auseinandersetzung mit der Identität und den eigenen Werten, den Werten der Gruppe und der Gesellschaft bestimmen den Inhalt des ersten Bausteins.

In Baustein II: Lebendige Demokratie geht es um demokratische Partizipation und zivil-gesellschaftliches Engagement. Unterrichtseinheiten wie „Gelebte Partizipation“, „Von Kinderrechten zu Klassenregeln“, „Klassenrat“ und „Lernen durch Engagement“ verdeutlichen die drei Dimensionen von Demokratie als Herrschafts-, Gesellschafts- und Lebensform und machen sie für Schülerinnen und Schüler nachvollziehbar. Für die Entwicklung demokratischer Partizipations- und Beteiligungsformen in der Schule und in der Lerngruppe stellt der zweite Baustein unterschiedliche Anregungen und Möglichkeiten zur Diskussion.

Baustein III: Demokratie in Deutschland und den USA ermöglicht in einer transatlantischen Gegenüberstellung die Auseinandersetzung mit historischen (und noch heute zentralen) Konflikten zwischen demokratischen Werten, Grundrechten und politischer Praxis in Deutschland und den USA. Dies erfolgt zum Beispiel anhand der Themen „Deutschland ein Einwanderungsland“ und „Civil Rights Movement“. Des Weiteren thematisiert der Baustein die Bedeutung von Zivilcourage für demokratische Gesellschaften am Beispiel von Widerstand und Opposition in diktatorischen Systemen. Hier wurde eine neue Unterrichtseinheit über den Widerstandskämpfer Fritz Kolbe hinzugefügt.

Baustein IV: Kinder-und Menschenrechte vermittelt die historische Entwicklung der Menschenrechte: von frühen ethischen und rechtlichen Grundlagen („Codex Hammurapi“) über die Geschichte der Nürnberger Prozesse bis zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948. Die Verletzung der Kinder- und Menschenrechte im globalen Maßstab wird aktuell am Beispiel des Völkermordes an den Jesidinnen und Jesiden dargestellt. Die Auseinandersetzung mit den Inhalten der Begriffe „Werte und Widerstand“ nehmen einen großen Raum in diesem Baustein ein. Wann ist Widerstand notwendig? In welchem Verhältnis stehen Werte zum Widerstand? Was verbindet Zivilcourage in einer demokratischen Gesellschaft und Widerstand gegen eine Diktatur? Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen reicht im vierten Baustein aktuell vom Widerstand gegen den Nationalsozialismus bis zu den Aktionen der Zivilcourage von der Bewegung „ Fridays For future“.

Verschwörungstheorien, Antisemitismus, Cybermobbing und ethische Unternehmensführung stellen Herausforderungen für die Demokratie dar und werden in Baustein V thematisiert. Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung geht es in den Unterrichtseinheiten auch darum, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass jederzeit Handlungsspielräume und individuelle Möglichkeiten bestehen, um sich für demokratische Werte zu engagieren.3

Im Hands-Programm werden, neben anderen interaktiven Lernszenarien, überwiegend Methoden des Kooperativen Lernens verwendet und in einer ergänzenden Methodenwerkstatt vorgestellt. Methoden des Kooperativen Lernens folgen demokratischen Prinzipien und fokussieren darauf, alle Schülerinnen und Schüler zu aktivieren. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen nicht nur Verantwortung für das eigene Lernen. Ein weiterer Schwerpunkt richtet sich auf die Erfahrung eines gemeinsamen Lernerfolgs. Fähigkeiten, wie sich beispielsweise auf ein Gruppenergebnis zu einigen und Kompromisse zu vereinbaren, werden trainiert: -Demokratisches Handeln wird praktisch „eingeübt“. Die Reflexion des eigenen Lernprozesses in den einzelnen Unterrichtsbausteinen erfolgt für die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe der Methode des Portfolio.

Das Grundwerte Curriculum versteht sich als ein „Work-In-Progress“, das heißt bestehende Unterrichtsmaterialien werden durch aktuelle Entwicklungen ergänzt, vorhandene Unterrichtsmaterialien aus der ersten und zweiten Auflage können aber auch weiter genutzt werden. Die dritte Auflage des Grundwerte Curriculum wird durch die DeGeDe und das American Jewish Committee herausgegeben. Weitere Informationen können auf www.bildungdemokratie.de/campus-2020-hands-across-the-campus/ eingesehen werden.

Autor*in

Michael Rump-Räuber ist ausgebildeter Studienrat in den Fächern Geschichte und Politische Bildung und machte 2010 seinen Master of Arts in den Bereichen „Schulentwicklung und Qualitätssicherung“. Er war Projektleiter im Modellversuch „Demokratie leben und lernen“ der Bund-Länder-Kommission sowie in verschiedenen Programmen der Werteerziehung, wie „Aktiv gegen Antisemitismus“. Michael Rump-Räuber arbeitet in den Beiräten „Schule der Vielfalt“ sowie der Deutsch-Israelischen Gesellschaft mit und ist Mitglied im Beirat „Werteerziehung“ des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport Brandenburg. Er arbeitet als Referent am Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) für den Bereich „übergreifende Themen in der Schulentwicklung“.